Der Kampf für die freie Kulturszene

09.03.2020

Wie man in Luzern um Freiraum und alternative Kultur kämpfen muss.

Die finanzielle Debatte betreffend lokaler Kultur ist schon lange Bestandteil eines Subventionierungs- und Sparkampfes zwischen Links und Rechts. Erst im 2017 kürzt der Kanton Luzern Zahlungen zur Unterstützung und Förderung verschiedenster Programme und Kulturstätten um drastische Dimensionen, gibt im Jahr darauf aber wieder Luft nach oben. Noch aktueller ist der Ausstieg Ebikons aus der Regionalkonferenz Kultur (RKK), welche einen grösseren Beitrag zur Finanzierung von regionalen Projekten und Institutionen in den Zeiten der Mitgliedschaft gesprochen hatte. Existenzängste wurden plötzlich laut. Dies zeigt, dass die Subventionierung lokaler Kultur immer mehr als nichtig betrachtet wird und die Unterstützung der Kunst- und Kulturschaffenden oftmals mit einem Belächeln vorgespielt wird.

Wenn man in der Vergangenheit gräbt, stösst man nicht nur auf die Geldfrage. Die allgemeine Existenz der (Jugend-)Kultur, der freien Szene und alternativen Gestaltungsformen wurde des öfteren in Frage gestellt. Der Wärchhof und der alte Spielleute Pavillon wichen der Tribschen-Überbauung und dem Ersatz für diese beiden Treffpunkte kreativer Menschen ging man lange aus dem Weg. Auf Drängen damaliger Aktiven entstand das Treibhaus und der Theater Pavillon.

Ein grosser Knall war das Ende der BOA – ein einmaliges, freies und lebendiges Kulturhaus, in welchem man noch ohne grosse bürokratischen Richtlinien sich dem Alltag entledigen und entfalten konnte. Als Nachfolgeprojekt der BOA ist der Südpol. Im Vergleich unterscheiden sich diese beiden Häuser aber um Welten. Ähnliches widerfuhr dem Frigorex-Areal. Das Gewerbegebäude an der Tribschenstrasse wurde Opfer der CSS.

„Gundula“ wirbelte Wind auf und stiess eine Diskussion an, die bis heute anhält. Darf man eine Immobilie besitzen, diese und das Grundstück dann aber jahrelang verlottern und verelenden lassen? Insbesondere in Anbetracht der Wohnraum- und Freiraumsuche in der Stadt Luzern. Kann man Grossverdienenden, die gar rein nichts mit ihrem Besitz zu tun haben, solche Freiheiten überlassen? Die Zwischennutzungen gingen mit der Pulpa weiter, dessen Gebäude jedoch von der Stadt Luzern selbst unbelebt blieb. Dieser Verschwendung von Raum darf man nicht tadellos zusehen!

Die aktuellsten Themen sind aber das Uferlos und das Luzerner Theater. Eine Überbauung ist wieder Schuld am Ableben eines beliebten Treffpunktes inmitten der Stadt Luzern. Einen zentralen Ersatz für das Uferlos ist unwahrscheinlich. Die Debatte um das Luzerner Theater ist vergleichsweise komplexer und wird umringt von verschiedensten Visionen des Neuprojekts dieses Dreispartenhauses.

Was man aus diesem Rückblick lernt, ist die fehlende Akzeptanz gegenüber Freiräumen und der kreativen Szene. Eine Gesellschaft braucht Ablenkung, Freizeit, ein ausgewogenes Pendant zum Arbeitsalltag und gemeinsame Nenner – kurz gesagt Kunst und Kultur. Ob als Konsument*in oder als Schaffende*r wird einem der Horizont geöffnet und der Kopf durchgelüftet, was bei den steigenden Erwartungen in unserer Leistungsgesellschaft dringend von Nöten ist.

Deswegen darf die Kulturförderung nicht unterschätzt werden und muss sicherer Bestandteil von Subventionen sein. Orte müssen generiert werden, bei denen kein Konsumzwang herrscht und die freie Entfaltung aller ermöglicht sein muss. Zentrale Kulturstätten dürfen nicht gänzlich oder in die Agglomeration verdrängt werden aufgrund von Überbauungen. Das blosse Überbauen umgenutzter Industriezonen in der Stadt ist nicht mehr zeitgemäss – es braucht moderne Visionen von Umgestaltungen, damit Freiräume und offene Plätze Abwechslung bieten und der Innenstadt wie auch den Quartieren erhalten bleiben. Eine Stadt lebt von Menschen und Menschen leben dort, wo sie sich dem Druck des Alltags entledigen können!

Léon Schulthess, Vizepräsident JUSO Stadt Luzern