Heute Morgen hat das Besetzer*innen-Kollektiv in einer Pressekonferenz bekannt gegeben, dass es das Kellerhaus verlassen werde. Der Skandal ist nicht die Besetzung, der Skandal liegt anderswo: Während Häuser wie jenes an der Kellerstrasse 28a jahrelang leer stehen, gibt es in der Stadt Luzern immer weniger bezahlbaren Wohnraum.
Das Kollektiv Kellerhaus hat heute an der Pressekonferenz bekannt gegeben, das Haus an der Kellerstrasse 28a, welches über vier Jahre dem Leerstand überlassen und zuletzt für 15 Tage besetzt wurde, heute, dem 20. Oktober 2022, zu verlassen. Das Kollektiv will eine Strafanzeige und eine damit verbundene Räumung vermeiden. Repression kostet Geld und während einzelnen Personen Schuld zugewiesen wird, wird die gesamte Grösse der Problematik komplett ausser Acht gelassen. Dem Kollektiv ist es wichtig, dass die öffentliche Aufmerksamkeit nicht an der vermeintlichen Kriminalisierung der Aktivist*innen hängen bleibt, sondern auf den untragbaren Umgang mit Wohnraum fokussiert. Denn die Problematik ist gross und das Haus an der Kellerstrasse 28a kein Einzelfall: Seien es die "Geisterhäuser von Horw", die leerstehenden Wohnungen der Credit Suisse am Kauffmannweg oder die Bruchstrasse 64.
In der heutigen Pressekonferenz betonten Sprecher*innen vom Mieter*innenverband Luzern NW OW UR, den Jungen Grünen und Juso sowie dem Kollektiv Kellerhaus die drastischen Konsequenten der fehlgeleiteten Wohnpolitik: Zwischen 2015 und 2020 sank der Anteil preisgünstiger Mietwohnungen von 16.0% auf 13.6%. Und in den Jahren 2000 bis 2020 stieg der durchschnittliche Mietpreis um 25% –während weder die Löhne noch die Kaufkraft in diesem Ausmass gestiegen sind.1Während Häuser leer stehen oder Wohnungen durch Kurzzeitvermietung durch Airbnb und Co zweckentfremdet werden, wird jenen Menschen zentrales Wohnen verwehrt, bei denen die steigenden Krankenkassenprämien und explodierenden Strompreise ein Loch ins Portemonnaie reissen. Für Menschen, die zwei Jobs gleichzeitig haben, aber diesen Winter vor der Entscheidung stehen werden, ob sie einen vollen Bauch oder eine warme Wohnung haben, bedeutet diese Entwicklung die Verdrängung aus der Stadt: Zentrales Wohnen wird zum Privileg. In dieser fehlgeleiteten Wohnpolitik liegt der Skandal, nicht in der Besetzung.
Dieser untragbaren Wohnpolitik wird jetzt von verschiedenen Seiten entgegengetreten: So hat die SP vor kurzem ein Massnahmenpaket verabschiedet. Die Jungen Grünen haben heute den Vorstoss «Häuser sind zum Wohnen, oder?» eingereicht:Wenn ein Haus 12 Monatenlangleer steht, soll es zum Marktpreis gekauft werden. Falls der Kauf nicht möglich ist, soll es nach weiteren 6 Monaten enteignet werden. Und auch für das Kollektiv Kellerhaus geht es weiter: «Nach wie vor wollen wir das Haus an der Kellerstrasse 28a kaufen, denn esbraucht längerfristige Lösungen für Luzern. Häuser müssen entprivatisiert, in Gemeineigentum umgewandelt werden. Häuser müssen der Profitlogik des Immobilienmarktes entzogen werden.»Zudem ruft das Kollektiv Kellerhaus heute Abend um 19 Uhr vor der Kellerstrasse 28a zur spontanen Demonstration auf –gegen Leerstand, gegen Gentrifizierung, für eine Stadt für Alle und Solidarität mit dem Kellerhaus.
«Wir wollen Liegenschaften kollektiv kaufen und ein selbstverwaltetes, soziales Konzept von Wohnen etablieren, in welchem die Bedürfnisse der Bewohnenden statt des Profitesder Eigentümer*innen an oberster Stelle stehen.» Aktivist*in | Kollektiv Kellerhaus
«Die Mieter:innen zahlen den Preis der Wohnungsnot. Die Angst vor einer Kündigung, Familien in zu kleinen Wohnungen und immer höhere Mietpreise, das alles muss nicht sein und lässt sich ändern.» Daniel Gähwiler | Co-Geschäftsleiter Mieterinnen und Mieterverband Luzern NW OW UR
«Für die Jungen Grünen ist klar; es kann nicht sein, dass Häuser willentlich leerstehen, während Menschen auf Wohnungssuche nicht fündig oder verdrängt werden. Wir zeigen uns solidarisch mit dem Kellerhaus Kollektiv.» Chiara Peyer | Junge Grüne
«Im Räumen von Besetzungen ist die Exekutive effizient –wäre sie im Mindern des ungenutzten Wohnraumes ebenso effizient, müsste sie sich zukünftig nicht mitzwangsläufig weiteren Besetzungen herumschlagen. Diese Aussicht soll der verantwortlichen Politik Ansporn genug sein, endlich langfristige und greifende Massnahmen gegen die Bodenspekulation der Privaten und Konzerne zu ergreifen!» Léon Schulthess | Co-Präsident Juso Luzern, GL SP Kanton Luzern