Demonstration zum Ausschaffungsgefängnis um 14:00 Uhr, Bahnhof Wauwil
Ausschaffungen sind Folter
Tausende Menschen werden in der Schweiz jedes Jahr dazu gezwungen, an den Ort zurückzukehren, den sie verlassen wollten oder mussten. Anstatt den geflüchteten und migrierten Personen ein sicheres und würdiges Leben zu ermöglichen, werden sie unter Zwang ausgeschafft. Dabei erfahren die Personen, die eine oft lebensgefährliche Reise hinter sich haben, erneut (re-)traumatisierende Gewalt. Zwangsmassnahmen wie Fesselungen werden angewendet, neu können Personen vor der Ausschaffung auch zu einem Covid-19 Test gezwungen werden.
In ihren Herkunftsländern drohen den abgeschobenen Personen oft Verfolgung, Gefängnis, Armut oder soziale Isolation – doch all dies kümmert die Schweizer Behörden nicht.
Das rassistische System hinter Ausschaffungen
Dahinter steht ein zutiefst rassistisches System: Personen aus dem globalen Süden unterstehen einer Visumspflicht bei der Einreise nach Europa. So können die Staaten des Schengenraums kontrollieren, wer für wie lange ihren Boden betritt. Das heisst, Personen ohne Visum reisen grundsätzlich bereits illegal nach Europa ein. Sie können sich jedoch auf ihr Recht auf Asyl berufen. Kann die Person vor dem Staatssekretariat für Migration (SEM) jedoch nicht «sehr glaubhaft» machen, dass sie eine ganze Reihe von Bedingungen erfüllt, wird ihr Asylantrag abgelehnt. Schätzt das SEM zusätzlich eine Rückreise als zumutbar ein, wird die Person illegalisiert und muss die Schweiz verlassen. Nach Ablauf der Ausreisefrist verliert sie alle Rechte, ausser «nicht vor Hunger, Kälte und Krankheit zu sterben» (Nothilfe). Die abgewiesenen Personen müssen in unwürdigen Unterkünften und mit ca. 8 Franken pro Tag leben, ohne politische Rechte oder die Möglichkeit, eine Ausbildung zu machen oder arbeiten zu können.
Zusätzlich müssen sie in ständiger Angst vor rassistischen Polizeikontrollen und einer gewaltsamen Ausschaffung leben. Wenn eine Ausschaffung noch nicht direkt möglich ist, erlaubt es die Administrativhaft, abgewiesene Menschen bis zu 18 Monate einzusperren. Auch können abgewiesene Menschen verpflichtet werden, Gebiete nicht zu verlassen (Eingrenzung) oder nicht zu betreten (Ausgrenzung). Diese freiheitsberaubenden Massnahmen sollen den Menschen das Leben so schwer wie möglich machen und sie dazu bewegen «freiwillig» auszureisen.
All dies ist psychische Folter und macht die Menschen krank. Nicht selten begehen Menschen in der Situation Suizid oder tauchen unter, um in einem anderen europäischen Land ihr Glück zu suchen. Unteranderem aufgrund der sich stetig erhöhenden Präsenz der Grenzschutzagentur Frontex ist eine Weiterreise sehr gefährlich. Erst vor kurzem sind 27 Personen beim Versuch den Ärmelkanal zu überqueren, gestorben. Werden sie erwischt, werden sie per Dublin-Entscheid unter Zwang in das europäische Land zurückgeschafft, das für die Durchführung der Ausschaffung in ihr Ursprungsland zuständig ist.
Ausschaffungen im Kanton Luzern
Auch im Kanton Luzern finden immer wieder Ausschaffungen statt: Im November 2019 wurde die 12-jährige Dana zusammen mit ihrer Mutter nach Belgien ausgeschafft. Dana wurde von der Polizei während des Unterrichtes aus der Klasse geholt und während der Ausschaffung stark eingeschüchtert. Wenige Monate zuvor wurde in Luzern ein Vater von drei Kindern ausgeschafft, nachdem das Amt für Migration beschlossen hatte, die Aufenthaltsbewilligung aufgrund eines bereits verbüssten Drogendelikts nicht zu verlängern. Unter anderem wurden sämtliche Hinweise von Fachpersonen, dass die Trennung dieser Person von der Familie für die Kinder stark traumatisierend sein könnte, ignoriert. Das Verhalten von Regierungsrät*innen, Polizist*innen und dem Amt für Migration bedeutet Gewalt.
Ebenso wie das Verhalten der Behörden sind auch die entsprechenden Einrichtungen Teil dieser Gewalt: Im Kanton Luzern unterhält unter anderem die Justizvollzugsanstalt in Wauwil ein Ausschaffungsgefängnis mit 14 Haftplätzen. Die Justizvollzugsanstalt Wauwilermoos liegt inmitten einer Moorebene, abgelegen von Bahnhof, Dorf, Zivilisation. Damit wird die Thematik dem Blick der Öffentlichkeit entzogen – der Gewalt, die die Gesellschaft in Form von Ausschaffungen stets aufs Neue produziert, fehlt es an Sichtbarkeit. Ein Staat, der von sich behauptet, sozial und demokratisch zu sein, kann es sich nicht leisten, systematisch Menschenrechte zu verletzen.
Forderungen
Keine Person sollte jemals an den Ort zurückkehren müssen, den sie verlassen wollte oder musste. Kein Mensch ist illegal! Organisieren wir uns gegen Ausschaffungen und dieses rassistische System – auch im Kanton Luzern. Am 18. Dezember reisen wir gemeinsam nach Wauwil, um dort gegen Ausschaffungen zu protestieren und unsere Solidarität mit den betroffenen Personen auszudrücken.
Wir fordern:
Bleiberecht für alle.
Ein sicheres und würdiges Leben für alle geflüchteten Menschen.
Das Ende der tödlichen Abschottungspolitik und des europäischen Grenzregimes.